kommende Tagung


48. Sokratisches Treffen

Termin:
Freitag, 23.5. bis Samstag, 24.5.2025
Thema:
Das problematische Erbe der Antike. Sexismus, Rassismus, Gewalt

Viele Errungenschaften der westlichen Kultur haben ihre Wurzeln in der griechischen und römischen Antike – Demokratie, Philosophie, Theologie sind griechische Wörter. Aber die antiken Kulturen sind auch Sklavenhaltergesellschaften, sie sind strikt patriarchalisch, sie kennen den Raubbau an der Natur - Phänomene der Unterdrückung, Ausgrenzung und Ausbeutung begegnen auf Schritt und Tritt und sind in der letzten Zeit vielfach Gegenstand der mit der Antike befassten Wissenschaften geworden. Wie gehen wir mit diesem problematischen Erbe der Antike um - didaktisch und pädagogisch in Schule und Studium, aber auch allgemein in unserer Antikenrezeption? Diesem Fragenkomplex widmet sich die kommende Tagung anhand von Vorträgen ausgewählter Expertinnen und Experten und lädt zur Auseinandersetzung ein.

Programm


Freitag, den 23. Mai 2025

ab 20.00
Gemeinsames Abendessen und Beisammensein (Ort wird noch bekanntgegeben)


Samstag, den 24. Mai 2025

9.30
Eröffnung: Prof. Dr. Christian Tornau

10.00-11.00
Prof. Dr. Melanie Möller, Freie Universität Berlin
Jenseits von Gut und Böse. Bacchantische Raserei in Ovids Metamorphosen
Pause
 
11.30-12.30
PD Dr. Jochen Schultheiß, Würzburg/Bamberg
Augustinus – ein Rassist?
Noch bis vor kurzer Zeit galt es als Communis opinio in der Wissenschaft, dass der Rassismus, also die Ausgrenzung von Minderheiten aufgrund ihrer Abstammung, erst im 18. und 19. Jahrhundert auf der Basis von Theorien der Erblehre aus der damals noch jungen akademischen Disziplin der Biologie entstehen konnte. Hiergegen hat man auf ältere Ideen von Vererbung und von der Reinheit des Blutes im religiösen Diskurs verwiesen und dabei den Ursprung des Rassendenkens im spanischen Mittelalter ausgemacht.

Erst jüngst hat der amerikanische Mediävist und Judaist David Nirenberg den Ursprung des Rassismus allerdings nochmals erheblich weiter vordatiert, und zwar in die Zeit der Sesshaftwerdung des Menschen in der Jungsteinzeit und der Durchsetzung des Ackerbaus. Für den Getreideanbau sei die Zucht möglichst fruchtbaren Saatguts unablässig geworden. Hierbei sei es zu einer fehlerhaften Verbindung von Landwirtschaft und Umgang mit Minderheiten gekommen. Für die schriftliche Zeit macht der Wissenschaftler entsprechendes Denken im Alten Testament, insbesondere im Buch Genesis aus.

Nirenbergs Buch konfrontiert weite Bereiche der Kulturwissenschaften mit der Aufgabe, die von ihnen erforschten Diskurse auf die Frage hin zu untersuchen, ob die vorgebrachte Annahme von einem ursprünglichen Zusammenhang des landwirtschaftlichen und biologischen Wissens mit der Ausgrenzung von Menschen bestätigt oder eher widerlegt wird.

In den Fokus gerät hierbei natürlich auch Augustinus, der als ein zentraler Vermittler zwischen Christentum und westlicher Kulturgeschichte betrachtet werden kann. Die Aufmerksamkeit richtet sich auch genau deshalb auf ihn, weil er im Laufe seines Lebens nicht weniger als viermal umfassende Auslegungen zum Buch Genesis vorgelegt hat. Muss nun auch er zu den „geistigen Brandstiftern“ gezählt werden? Ein Blick auf einschlägige Textstellen in seinem Werk soll Klärung darüber bringen, wie man ihn einzuschätzen hat.
Mittagspause
 
14.30-15.30
Dr. Rebecca Gudat, München
Problematische Lesarten von Platons pädagogischem Eros und ihr literarischer Niederschlag
Intertextuelle und konzeptionelle Bezüge zu Platons Dialogen Phaidros und Symposion finden sich in zahlreichen Texten der Literaturgeschichte – nicht zuletzt in literarischen Klassikern wie etwa Thomas Manns Der Tod in Venedig oder der Lyrik Stefan Georges, die noch heute zum Schulkanon gehören. Insbesondere zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand dabei sowohl unter Literaten als auch Pädagogen das Platon zugeschriebene Konzept des sogenannten pädagogischen Eros Anklang.

Dass der pädagogische Eros jedoch zahlreiche problematische Momente bis hin zum Potenzial zur Verschleierung sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen enthält und diese in der literarischen Produktion und Rezeption entweder ignoriert oder die Nähe zu ihnen unter chiffrierenden Bezügen teils bewusst gesucht wurde, zeigt der vorliegende Vortrag auf.
Pause
 
16.00-17.00
Mitgliederversammlung
18.00-20.00
Prof. Dr. Tobias Dänzer, Eichstätt
Raubtier und Architekt: Der Mensch in antiken Natur- und Kulturgeschichten
Plinius der Ältere, Verfasser der 37-bändigen ‚Naturgeschichte‘ (Naturalis historia), beschreibt den Menschen in eindrücklichen Worten als Mängelwesen, der auf die Natur angewiesen ist, sie aber gleichzeitig zum eigenen Profit ausbeutet. Während Plinius dazu aufruft, die Natur vor dem raubtierhaften Menschen zu schützen, erzählt der Architekturtheoretiker Vitruv (De architectura) eine andere Geschichte: Der Mensch sei in der Architektur zur vollen Entfaltung seiner Naturanlagen gelangt und habe sein tierisches Wesen durch die Entwicklung von Bauwerken hinter sich gelassen. Die Natur dient hier als Anschauungsobjekt und Materialgeberin für die Umsetzung menschlicher Kreativität. Im Vortrag werden die zwei unterschiedlichen Vorstellungen auf das zugrundeliegende Verständnis des Verhältnisses von Mensch, Natur und Kultur untersucht.

(Ort: Toscanasaal der Würzburger Residenz, Residenzplatz 2, Tor A, 97070 Würzburg, 2. Stock)

ab 20:30
Empfang

Die Tagung findet, soweit nicht anders angegeben, in der Bibliothek des Instituts für Klassische Philologie statt (Residenzplatz 2, Tor A, 97070 Würzburg, 3. Stock).

Veranstalter: Sokratische Gesellschaft in Verbindung mit der Universität Würzburg (Institut für Klassische Philologie)

Kontakt:

Prof. Dr. Christian Tornau (christian.tornau@uni-wuerzburg.de)
Marion Schneider (marion.schneider@uni-wuerzburg.de)
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Institut für Klassische Philologie
Straße: Residenzplatz 2
PLZ/Ort: D 97070 Würzburg
Tel.: 0931/3188419

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